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Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 28. Februar 2015 17:59
von ebel
Gestern habe ich auf der Heimfahrt mal einen kurzen Stopp an der Traun zwischen Traunstein und Autobahn/ Siegsdorf eingelegt.
Auch wenn noch viel Schnee den Zugang zum Ufer behindert, war eine Stelle schon erreichbar.
Grundsätzlich erwartete ich nicht viel, ist die Traun doch ein Flüsschen am Alpenrand ohne Anschluss an den Alpenhauptkamm ist. Aber die Chance, Koralle zu finden, sollte hoch sein, da bei Ruhpolding der Korallenkalk häufig sei. Inwieweit Geschiebe vom Gletscher der Würmeiszeit Steine vom Tauernfenster hierher brachte, kann ich nicht einschätzen.
Und das ist die "Ausbeute":
Ich kann gleich sagen, dass ich nicht das Glück hatte, in den unzähligen Kalksteinen unterschiedlichster Farben und Muster eine Koralle zu finden.
Aber reichlich Geschiebe vom Alpenhauptkamm ist zu finden.
Das große "Sofakissen" im Untergrund ist serpentinartig, hat aber relativ viel dreiwertiges Eisen (gelb) und kein Magnetit, was ja typisch für Ebelit ist.
Und dann im Uhrzeigersinn von links: Hornblendegneis/ Amphibolit oder Migmatit, Grünstein (Seriszit oder Grünschiefer oder ein Metabasalt), Radiolarit (Hornsteingruppe, "Schinkenstein"), Quarzit (Gangquarz), noch ein Grünstein ("Prasinit"/ Metabasalt) und ganz rechts Schlacke. Weiter noch ein Prasinit, ein Amphybolit mit ? (erinnert an Siderit?) und noch eine Schlacke (groß, blau)
Besonders überrascht war ich über die Schlacken.
Aber im einzelnen:
Die Prasilite (von denen ich bis vor kurzem annahm, dass sie zu den Seriziten gehören würden):

gerade bei dem Stein links ist eine fast schon brekzienartige Struktur zu erkennen, mit Epidot (ganz links)

Die Radiolarite hier in den Flüssen haben ja oft scharfkantige Bruchkanten und viele mit weißem Quarz gefüllte Bruchbänder. Rot ist sehr häufig, gelb und grün seltener. Die Farbe hat etwas mit dem Eisen zu tun, Rot und gelb: Dreiwertig (mehr Sauerstoff bei der Oxidation), grün zweiwertiges Eisen (Leitfarbe: Vivianit; ist auch für das bläulich schimmernde Grün des Ebelits verantwortlich). Am schönsten sind die zwei- oder dreifarbigen Radiolarite mit einer Schichtung, die an "Speck" (geräucherter Schinken) erinnert.


Amphibolite sind sehr vielgestaltig. Natürlich sind Granatamphibolite besonders attraktiv, aber auch jene mit Epidot oder mit schönen gneisartigen Schichtungen. So ganz schlüssig bin ich bei diesem Stein nicht, ob es ein Amphibolit ist oder ein Migmatit, die ja als typisches Merkmal die lebhaften Faltungen in den Schichten und eine deutliche Schichttrennung aufweisen. Ich werde ihn anschleifen, um die Optik zu verbessern.

Bei dem kleinen Amphibolit ist der weiße Anteil gelb und erinnert damit eher an Siderit als an Plagioklas, der ja typisch wäre. Aber Siderit? Habe ich noch nicht gesehen und kann es mir geologisch nicht erklären.

trocken und
nass:


Und warum Schlacke?
Umweltverschmutzung?
Nun, mir sind zwei Hinweise bekannt. Zum einen liegt oberhalb von Siegsdorf Richtung Ruhpolding (Gruß an die Biathleten) der Ortsteil "Eisenärtz", wo vom 14. bis zum 19. Jahrhundert Eisen abgebaut und verhüttet wurde.
Und an der "Roten Traun" (Rot - Eisen) gibt es zwischen Siegsdorf und Inzell (Gruß an die Eisschnellläufer) den Ort "Hammer". Hier wurde auch Eisen verarbeitet. Sind es historische Schlacken?
Ein Steinesammler aus Traunreut hat es untersucht und dokumentiert: In der Traun gibt es diese historischen Schlacken aus den Eisenhütten häufiger. Je weiter man in Richtung Mündung in die Alz kommt, desto abgeschliffener, abgerundeter sind sie. Verglasung und Eisengehalt sind unterschiedlich. Meist sind sie unscheinbar und schwarz. Rostrote Schlacken sind sehr eisenhaltig und oft mit dem Magneten zu identifizieren (rostrotes Eisenerz hat keine Blasen in der Struktur und ist nicht magnetisch, Eisenschrott ist magnetisch, enthält aber keine Blasen (wie mein Stück)


Eine ganz große Seltenheit ist die blaue Schlacke, die als "Sieber Achat" aus dem Harz berühmt geworden ist und von dort auch als Schmuck verarbeitet wird. Das Blau kommt von sechswertigem Eisen und ist die Grundlage der Porzellanfarbe "Berliner Blau". Blauschlacke aus der Traun habe ich zuvor noch nie gesehen.

Detail:

Ich denke, ich werde wohl noch mal die Traun besuchen ...
Gruß
ebel

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 28. Februar 2015 18:05
von Perle
Lieber ebel
Das sind sehr schöne Steine,die du gefunden hast.
Besonders der letzte schöne Blaue. :love :rolleye

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 28. Februar 2015 20:26
von Kolani
Hallo ebel,
das sind sehr schöne Steine die Du gestern gefunden hast.
Wo genau warst Du an der Traun? Deine Beschreibung enthält ja mehrere leicht bis schwierig zugängliche Kiesbänke.
Über die Funde die man da ergattern kann hab ich mir schon des öfteren den Kopf zerbrochen.
Da an der Traun sehr viele Baumasnahmen durchgeführt wurden und auch immer noch werden, denke ich, die Traun führt sehr viel Fremdmaterial mit. Eventuell gehört Deine blaue Schlake dazu.
Wo sie tatsächlich herkommt bleibt vieleicht ein Rätsel, aber was zählt ist, daß Du sie gefunden hast. Gratuliere.

Gruß
Kolani

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 28. Februar 2015 22:29
von Thuja
Interessant, lieber Ebel!

Schlacken - in der Isar gab's noch nie welche, Deine Funde sehen aber spannend aus! Sind wahrscheinlich ziemlich schwer, oder?

Angeschliffen werden Deine Steinfunde sicher noch schöner!

Liebe Grüße
Thuja

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 28. Februar 2015 22:38
von ebel
Liebe Kolani,
der Ort war bei dem Querbau 47.846937, 12.637942 am südlichen Ende von Traunstein Lohfeld, auf der Seite der B 306. Dort ist zwar die Fischtreppe neu gebaut und viel Nagelfluh verbaut, die Rückseite des Steins zeigt aber vom Algenbewuchs, dass die Schlacke schon sehr lange im Flussbett weilte. Dass die Traun viel Fremdmaterial führt, habe ich inzwischen auch recherchiert. Schlackematerial kommt am ehesten wohl aus Eisenärtz, da die Halden dort im 20. Jahrhundert abgetragen und als Füllmaterialen (Hochwasserverbauung) verwendet wurden. Leider habe ich dazu nichts Genaueres gefunden.
Dass dort nicht nur Eisenerz (z.T. auch aus dem Achetal/ Teisendorf) sondern auch Alteisen verhüttet wurde, ist es durchaus möglich, dass dort Blauschlacke entstanden ist. Ich werde wohl mal auch Richtung Weiße Traun bei Siegsdorf suchen.
Hier mal zum Vergleich eine 1a Qualität Blauschlacke aus dem Siebertal/ Harz:

Wie die Fundmöglichkeiten in der Sieber sind, weiß ich nicht. Meine Stücke sind von einer Halde in Privatbesitz ... gekauft.
Gruß
ebel

PS:
Liebe Thuja, die Isar-Kiesel haben aber auch Schlacken "im Programm". Vielleicht ist es eine Sache der Suche. Du hast halt noch nicht danach geschaut. Aber ... gab es am Oberlauf der Isar Metallverhüttung?
ebel

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 28. Februar 2015 22:56
von Kolani
ebel,
bei Höpfling kann man auf eine ziemlich große Kiesbank.

Die Ache ist sehr gut in Übersee/Almau zu erreichen.
Wenn es morgen nicht stürmt und schneit sondern die Sonne scheint
werde ich dort sein. Zusätzlicher Wegweiser Chiemsee-reggae.
meinst Du findest es?
Gruß
Kolani

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 28. Februar 2015 23:10
von ebel
Das klingt gut!
An der Weißen Traun werde ich mal die Kiesbank bei Höpfling aufsuchen und wenn das Wetter mitmacht, fahre ich dann auch mal an den "Ganges" - wie unter den Besuchern des Chiemsee Summers die Tyroler Ache bei der Brücke hinter dem Festivalgelände heißt. Kann man eigentlich von der Seite beim Festivalgelände bis zur Brücke fahren?
Gruß
ebel

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 28. Februar 2015 23:16
von Kolani
jep :engel
kannst Dich nicht verfahren, es sei denn du biegest na der minni Kreuzung nicht links ab,
dann bist nämlich falsch. : grööhl
Gruß
Kolani

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 1. März 2015 23:14
von sibe78
Perle hat geschrieben:Lieber ebel
Das sind sehr schöne Steine,die du gefunden hast.
Besonders der letzte schöne Blaue. :love :rolleye
:fragezeichen
OOOhh..Die Traun hat aber auch in sich..mit diesen speziellen Blauen... :love sieht giftig aus...ist dass wirklich natürliche Schlacke??

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 1. März 2015 23:31
von ebel
Nee, liebe Sibe, es ist tatsächlich von Menschen gemacht.
Im Mittelalter gab es bei der Eisenverhüttung Verfahren, wo die Zusammensetzung des Eisenerz und der Temperatur bei der Schlackebildung diese besondere Blauschlacke ergeben hat. Interessanterweise sind die Glasbläser von Murano bei der Suche nach Rohstoffen im Harz auf die Blauschlacke aufmersam geworden und haben das in der Buntglasherstellung weitergeführt. Antike Murano-Glasperlen in diesem Blau gibt es auch. Die Porzellan- und Steinguthersteller haben die Kenntnis in der Farbe "Berliner Blau" genutzt, nach 1700 wurde das Pigment eigenständig hergestellt (Eisenzyanid).
Diese Schlacke ist nicht giftig, sie ist chemisch nur mit heißer Natronlauge verätzbar.
In vielen Flüssen gibt es von Menschen eingebrachte Materialien. Glas, Beton, Ziegel, Bauschutt, Keramikbruch usw. werden vor allem in der Uferverbauung genutzt. Im Bereich von Natursteinen / Heilsteinen haben sie keine Bedeutung, für die Charakterisierung von Geschiebe schon.
Gruß
ebel

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 2. März 2015 07:19
von nirak
Meine Güte
was ist das für ein tolles Blau.

:love2

Schad ,dass es für mich soweit hin ist

oder vielleicht auch nicht??
: grööhl

DANKE fürs zeigen..seufz...

Re: Flusskiesel aus der Traun/ Oberbayern

Verfasst: 6. April 2015 08:54
von Steinelfe
Oh man ist das ein tolles blau.
Bis eben wusste ich gar nicht das es das auch in blau gibt. Als kind habe ich immer mal schlake gefunden. Fand ich aber nicht schön und habs da gelassen. Quarze hab ich aber schon als kind gesammelt. Nur wusste ich da noch nicht was es ist.

Danke fürs zeigen und erklären.